Am Sonntag den 11. August 1968 war es soweit. Gut ein Jahr nach der Vereinsgründung veranstaltete der MSV Rangau Uehlfeld seine „1. Schwere Rangau – Geländefahrt“, unter der Organisation und Fahrtleitung von Erhard Eichner und dem stellv. Fahrtleiter Hans Riedel. Für die Veranstaltung hatte man eine 75 Kilometer lange Runde ausgesucht, welche dreimal durchfahren werden musste. Die Strecke führte zunächst in einer kleinen Schleife über Rauschenberg, Bergtheim, Schornweisach und Vestenbergsgreuth zurück nach Uehlfeld, ehe nach Überquerung der Aisch in Richtung Süden eine große Schleife folgte. Über Gottesgab, Rohensaas, Sauerheim, Mitteldorf und Unterreichenbach wurde der südlichste Punkt , eine Durchfahrtskontrolle in Borbath, angesteuert. Der Rückweg führte dann über Oberreichenbach, Rezelsdorf, Kästel, Linden, Traishöchstädt und Demantsfürth, zum Fahrerlager beim Betonwerk Graf in Uehlfeld.
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Die Veranstaltung wurde als traditionelle Geländefahrt im klassischen Wertungsmodus ausgerichtet. Neben den obligatorischen Streckenstrafpunkten für Zeitverspätungen wurde eine auf Höchstgeschwindigkeit ausgelegte Sonderprüfung gewertet. Außerdem gab es noch insgesamt 6 Trialsektionen, welche an die Geschicklichkeit der Fahrer hohe Ansprüche stellten. Die Trialprüfung war eine Wertungsvariante, die man aus den 50er und frühen 60er Jahren kannte, die aber zu der Zeit bereits immer mehr aus der Mode kam. Diese Trialprüfungen bei Mitteldorf, Eckenberg und Borbath entpuppten sich an diesem Tag richtiggehend als Zuschauermagnete. Gleiches galt auch für eine Steilauffahrt die nahe dem alten Sportplatz in Vestenbergsgreuth zu bewältigen war.
57 Nennungen gingen beim Veranstalter ein. 45 Solofahrer und 1 Gespann gingen letztlich auf die Strecke. Darunter viele nordbayerische Spitzenfahrer wie Leonhard Weigl aus Schwabach, Hans Lippl aus Nürnberg, Hans Schlicht aus Lauf (Dt. Geländemeiser 1968 über 500 ccm auf Triumph), Norbert Gabler der Puch Werksfahrer aus Nürnberg oder im Nachwuchsbereich Toni Stöcklmeier aus Amberg und Otmar Kolb aus Obernzenn. Für den MSV gingen Gerhard Bärthlein, Uehlfeld, Herbert Pröschel aus Brunn und Richard Pinzenscham aus Dachsbach, als eine von fünf Mannschaften, an den Start.
In den Schatten gestellt wurden alle diese namhaften Teilnehmer jedoch von einem absoluten Geländesportneuling im Fahrerfeld. Es war dies der US-Amerikaner Robert Kent auf einer wunderschönen, in Sonderlackierung aufgebauten Maico 360, welcher sogar von einem Monteur aus dem Maico-Werk in Pfäffingen betreut wurde. Warum dieses Aufsehen für einen Geländesportneuling, wird sich der geneigte Leser dieses Artikels fragen. Nun, die Antwort hierzu ist relativ simpel. Robert Kent war der Sprößling eines millionenschweren amerikanischen Zigarettenfabrikanten (KENT) und machte im Vorfeld der Veranstaltung durch Aussprüche wie „ ..wenn die Maico nicht richtig läuft, dann kaufen mein Daddy die ganze Fabrik auf !“ nachhaltig auf sich aufmerksam. Schon deshalb allein kamen viele Zuschauer an die Strecke, um zu sehen, wie sich der „Ami“ bei uns im schweren Gelände so schlägt. Letztlich musste man feststellen, dass er weder dem Gelände, geschweige denn der bärenstarken Maico mit ihren 36 PS, auch nur annähernd gewachsen war. Relativ früh stellte er seine Bemühungen ein und schied vorzeitig aus.
Ganzseitig berichtet die Fränkische Landeszeitung am nächsten Tag mit folgenden Schlagzeilen von dem Ereignis:
- Geländefahrt des MSV Rangau war ein voller Erfolg – Organisation klappte ausgezeichnet
- Fast die Hälfte der Fahrer schaffte nicht die volle Distanz – Keine Unfälle
Der Zeitungsbericht von damals liest sich in Auszügen wie folgt:
„45 Einzelfahrer, ein Gespann und fünf Clubmannschaften waren gestern am Start der Ersten Schweren Rangau-Geländefahrt. Bei überraschend gutem Wetter gingen die Fahrer auf die 75 Kilometer lange Strecke durch den Rangau, die dreimal durchfahren werden musste. Wegen des schweren Geländes mußte rund die Hälfte der Teilnehmer vorzeitig aus dem Rennen ausscheiden. Pünktlich um 7.30 Uhr ging der erste Fahrer auf die Strecke. Trotz der frühen Stunde hatten sich schon zahlreiche Zuschauer gefunden. Vom Sportplatz in Uehlfeld, wo auch das Fahrerlager war, ging es in Richtung Rauschenberg…..;
Auf Wald- und Feldwegen, aber auch quer durchs Gelände, ging es dann weiter bis bei Wilhelmsdorf wo die Strecke eine Biegung machte und es wieder zurück nach Uehlfeld ging. Auf dieser Strecke, die zu 60 Prozent durch schweres und schwerstes Gelände führte, gab es selbst für routinierte Fahrer viele Schwierigkeiten.
Das beweist die hohe Ausfallziffer von 24 Teilnehmern, die meist durch Schäden an den Fahrzeugen zum Aufgeben gezwungen waren. Unfälle gab es keine. Die Rotkreuzkolonne Unterer Aischgrund und ihr Kolonnenführer Dieter Thoma, der mit einer Geländemaschine unterwegs war um sofort Erste Hilfe leisten zu können, brauchten nicht helfend einzugreifen. Die Planung und Organisation des Geländelaufes klappte vorzüglich. Auf dem Gelände des Betonwerkes Graf in Uehlfeld war das Ziel dieser Geländefahrt. Bis gegen 17.30 Uhr trafen die Fahrer dort laufend ein. Auf einem abgesperrten Platz erfolgte die Schlußabnahme der Maschinen. Dabei wurde vor allem darauf geachtet, ob die Farbmarkierungen, welche der Veranstalter auf Rädern, Lenkern, Schutzblechen und Stoßdämpfern angebracht hatte, noch vorhanden waren.
Für ein Auswechseln der Teile gab es Strafpunkte. Für 18 Uhr hatte der MSV Rangau dann die Schlußveranstaltung angesetzt. Im Vereinslokal Zwanzger, wo auch die Auswertungsstelle ihren Sitz hatte, wurden die Ergebnisse bekanntgegeben. 18 der Ausweisfahrer konnten Goldmedaillen entgegennehmen, einer erhielt eine Silbermedaille. Unter den Ausweisfahrern gab es 14 Ausfälle. Für die Lizenzfahrer gab es 16 Gold- und eine Bronzemedaille. Zehn von ihnen hatten das Rennen vorzeitig aufgeben müssen.
Worte der Anerkennung und des Dankes fand Bürgermeister Lindner bei der Siegerehrung für die Organisatoren dieser Veranstaltung und für die beiden Vorsitzenden des MSV, Adolf Roth und Heinz Graf“.
Ergänzend bleibt für den Chronisten nur noch zu erwähnen, dass die Streckenauswahl und insbesondere die Länge der Strecke unter dem wesentlichen Gesichtspunkt erfolgte, dass man beim Deutschen Motorsportverband in Frankfurt die Ausrichtung eines Laufes zur Deutschen Geländemeisterschaft in Uehlfeld für die folgenden Jahre anstrebte, was ab 1970 bis 1974 auch realisiert wurde. Langfristig hatte man sogar die Vision, im Aischgrund eine internationale 2 Tage-Fahrt als Lauf zur Gelände Europameisterschaft auszurichten.
Für diese erste Veranstaltung erwies sich die Streckenlänge aus Sicht der Zuschauer bei der Zahl von 45 Teilnehmern jedoch als deutlich zu lang. Teilweise musste man an den interessanten Passagen bis zu eineinhalb Stunden ausharren, bis das Fahrerfeld wieder vorbeikam.
Diesem Kritikpunkt haben die Macher des MSV Rangau bei den weiteren Geländefahrten in den nachfolgenden Jahren aber Rechnung getragen und die Streckenlängen jeweils individuell abgeändert.
Was es sonst noch gab im Motorsportjahr 1968:
- Deutschland gewinnt sensationell die Trophywertung der Internationalen Sechstagefahrt in San Pellegrino/Italien mit den Fahrern der Zündapp Werksmannschaft. Die Fahrer der DDR-Mannschaft hingegen verpassten ihren sechsten Trophy-Sieg in Folge.
- Adolf Weil aus Solingen wird Deutscher Moto Cross Meister in den Klassen bis 250 und bis 500 ccm, jeweils auf Maico.
- Moto Cross Weltmeister bis 250 ccm wird der Belgier Joel Robert auf CZ
- Moto Cross Weltmeister bis 500 ccm wird Paul Friedrichs aus Erfurt/DDR, ebenfalls auf einer tschechischen CZ.
- Und wen es noch interessiert: Formel 1 Weltmeister wurde der Brite Graham Hill auf Lotus-Ford.
Übrigens, die erfolgreichen DDR – Geländesportmaschinen von MZ konnte man 1968 bei uns im Westen über den Neckermann Katalog kaufen: